Seit September 2022 dauert die Revolution in Iran nun an. Das Regime geht hart gegen die Proteste vor, tausende Menschen wurden inhaftiert. Aktivist*innen in Deutschland haben für die Gefangenen unter Abgeordneten Patenschaften organisiert, die sich beispielsweise beim iranischen Botschafter für die Gefangenen engagieren. Darunter sind besonders viele SPD-Abgeordnete aus NRW. Rodion Bakum, Ina Blumenthal und Nina Andrieshen berichten von ihren Patenschaften.
Der Mülheimer Landtagsabgeordnete Rodion Bakum hat im Dezember die Patenschaft für den Iraner Mohammadali Kashi übernommen. Dem iranischen Hip-Hop-Musiker Mohammadali Kashi und weiteren Angeklagten wurde, im sogenannten „Ekbatan complex case“, vorgeworfen den iranischen Revolutionsgardisten Arman Ali Verdi in Teheran getötet zu haben. Am 22. November 2022 wurde er von iranischen Sicherheitskräften in zivil entführt. Berichten zufolge wurden Kashi und weitere Angeklagten gefoltert, damit sie ein Zwangsgeständnis ablegen. Zu diesem Zeitpunkt hat er keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl bekommen. Daher war Rodion Bakums zentrale Forderung an den iranischen Botschafter Mohammadali Kashi einen Rechtsbeistand seiner Wahl zu gewähren und unabhängige Prozessbeobachter zuzulassen. Kurz nachdem er im März diesen Jahres den zweiten Brief an den iranischen Botschafter geschrieben habe, hat Rodion Bakum die Nachricht erreicht, dass Mohammadali Kashi auf Kaution freigelassen wurde. Auch wenn die Informationslage zu Kashis Situation dünn ist, hat sich der Abgeordnete bestmöglich informiert. Nach seinen Informationen ist immer noch nicht klar, ob die Anklagepunkte gegen Mohammadali fallen gelassen werden. Zu dem Vorgang erklärt Rodion Bakum:
„Ich hoffe, dass die Freilassung auf Kaution für Mohammadali Kashi nicht nur ein weiteres Instrument des iranischen Regimes war, um Druck auf ihn und seine Familie ausüben zu können. Den Kampf der Menschen in Iran um ein Leben frei von Angst, Unterdrückung und Gewalt werde ich auch in Zukunft unterstützen. Das iranische Regime soll wissen, dass meine und unser aller Unterstützung nicht nachlassen wird. Ich werde weiterhin genau auf die Geschehnisse im Iran achten und immer wieder meine Reichweite in den sozialen Medien nutzen, um die iranische Revolution und mutige Menschen wie Mohammadali Kashi zu unterstützen. Jin Jiyan Azadî.“
Die Abgeordnete Ina Blumenthal hat eine ähnliche Erfahrung gemacht. Über ihre Patenschaft für Nazanin Nouri und deren Freilassung sagt sie:
„Ich bin sehr dankbar dafür, dass Nazanin Nouri und ihr Ehemann mittlerweile in Freiheit sind – bislang jedoch nur gegen Kaution, denn die Vorwürfe gegen sie wurden bislang nicht fallen gelassen. Die Tatsache, dass beide vorerst frei sind, gibt mir jedoch Hoffnung für diejenigen Menschen, die noch immer unter den schwierigen Bedingungen der vielen unrechtmäßigen Inhaftierungen, Folterungsmaßnahmen und der drängenden Ungewissheit leiden.“
Nazanin Nouri war im Herbst 2022 inhaftiert worden. Ihr wurde vorgeworfen an der Ermordung eines Revolutionsgardisten beteiligt gewesen zu sein. Am 1. März feierte Ina Blumenthal Nouris Freilassung auf Instagram.
Zu den glücklichen Patenschaften gehört auch die von Nina Andrieshen für Amirali Najar Kurz nachdem sie die Patenschaft übernommen hatte, konnte sie recherchieren, dass er bereits wieder freigelassen wurde, bevor meine ersten Briefe überhaupt den iranischen Botschafter erreichten. Daniela Sepehri vermittelte daraufhin eine neue Patenschaft für Javad Saleh Doost. Dieser wurde im November 2022 in Schahrijar in der Provinz Teheran festgenommen. Aktuell befindet er sich im berüchtigten Evin Gefängnis. Besuchsrechte oder einen Rechtsbeistand seiner Wahl hat er nicht bekommen. Mögliche Anklagepunkte sind nicht bekannt, genauso wenig wie Informationen über seinen Gesundheitszustand. Nina Andrieshen erklärt dazu:
„Mittlerweile erreichen den iranischen Botschafter wöchentlich Briefe von mir, in denen ich ihn auffordere sich dafür einzusetzen, dass Javad freigelassen wird, er einen Rechtsbeistand seiner Wahl bekommt und ich Informationen zu seinem Gesundheitszustand und den Anklagepunkten bekomme. Diese „Brieffreundschaft“ ist sehr einseitig. Eine Antwort bekomme ich nie. Ich bin aber trotzdem fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, weiter Aufmerksamkeit für Javad und seine Mitgefangenen zu schaffen und sie dadurch zu schützen. Täglich verschwinden Menschen in den Gefängnissen in Iran. Ihre Schicksale und Namen aber nicht, wenn wir ihre Stimme sind.“